Die Zuhörerin

Installation von Sara Opic

Die Zuhörerin

Aus Anlass des 500 jährigen Bestehens der St. Martinskirche und im Rahmen des Prozesses Kirche am Ort Kirche an vielen Orten haben wir uns im Kirchengemeinderat mehrfach mit der Frage beschäftigt: Wie wollen wir unter veränderten Bedingungen unsere Martinskirche künftig gestalten? Wo werden wir Gottesdienste feiern.

Ein erster Ansatz bildet die Auseinandersetzung mit moderner, zeigenössischer Kunst in der Kirche. Wir freuen uns darüber, dass wir Sara Opic aus Augsburg dafür gewinnen konnten einen ersten Schritt zu tun.

Der neue Raum bildet eine Art „Zelle“, die langsam an Präsenz gewinnt und die tragende Komponente für einen Neuanfang sein kann. Den „Zellkern“ bildet die Skulptur, die Zuhörerin. Eine weibliche Figur, etwas überlebensgroß aus Lehm und Stroh gearbeitet, dezent farbig gefasst. Der Lehm wirkt der menschlichen Präsenz ähnlich. Er „erdet“ den Besucher, fasziniert durch seine vielseitige Haptik, und lässt uns niederschwellig sogleich einen Zugang zu der Installation finden.

Der leichte Stoff steht stellvertretend für die Zellwände einer Körperzelle, über die der Stoffwechsel innerhalb eines geschlossenen Systems ungehindert fließen kann und über die ein reger Austausch stattfindet. Der Raum symbolisiert das Miteinander, das Hand-in-Hand-Arbeiten von Traditionen, die Halt geben und Fundamente legen, und den Möglichkeiten ihrer Integration in diese unsere neue Zeit.

Der Besucher kann, durch die Zelle geschützt, Neues bewusst herausarbeiten und sich dabei alter Herangehensweisen, Urteile, Begriffe wieder gewahr werden, diese neu bewerten und neu integrieren.

Der Raum soll offen sein für individuelle Interpretationen, Vorstellungen und Wünsche. Jede / Jeder soll sich wohl und willkommen fühlen.

In der Kirche, in diesem neuen Raum soll etwas passieren. Sara Opic hat in einem Interview in unserer Leutekirche auf die Frage was sie mit passieren meint gesagt: „Dass man das Leben spürt, dass man mehr Mensch werden kann, dass man in den Austausch geht, dass man sich gegenseitig bereichert.

Ein solcher Prozess fängt mit Zuhören an. In einer Zeit in der (fast) jeder was zu sagen hat, mal leiser, oft aber sehr laut, braucht es Orte des Zuhörens. Die Zuhörerin trägt dazu bei, dass in diesem neuen Raum das spirituelle Angebot unserer Gemeinde erweitert werden kann, dass neue Formen auch neue Menschen ansprechen für unsere Gute Botschaft. Manche Ideen stehen zur Umsetzung bereit, weitere werden im Laufe des Jahres unter Begleitung unseres Liturgieausschusses entstehen.

Wir verstehen diese Rauminstallation als ein Experiment. Jede / Jeder soll wahrnehmen und mitdenken können. Am Ende des Jahres werden wir Revue passieren lassen und darüber entscheiden wie es dann weitergehen soll.

Zum Gelingen dieses Projektes haben viele Menschen beigetragen, denen wir zu besonderem Dank verpflichtet sind:

Dem Vorbereitungsteam mit Pfarrer Erzberger, Joachim Rogosch, Karl-Anton Maucher, Otto Schöllhorn und Claudio Uptmoor. 

Dem Architekten Oliver Gegenbauer für die Begleitung des Projektes.

Den vielen Helfern, die mit ihrer Muskelkraft die Bänke aus der Kirche herausgetragen haben.

Der Firma Pfleiderer Leutkirch für die großzügige Materialspende.

Der Zimmerei Schosser, der Firma Orthmann, und der Firma Elektro Wiedmann für die zügige und sehr gute Arbeit bei der Herstellung des Podeste.

Fritz Gretz und Stefan Aumann für die Aufhängung der Tücher.

 

Hier wird gebaut:

Eine Kirche.

Baustelle der Zukunft. Schauplatz kommender Ereignisse. Unbefugte haben Zutritt.

Niemand ist an der Leine zu führen. Spielende Kinder sind erwünscht.

Es darf gelacht werden. Menschen, entfaltet eure Anlagen. Das Betreten des Rasens ist angeboten.

Hier wird gebaut:

Eine Kirche.

Baustelle der Zukunft. Schauplatz kommender Ereignisse.

(Lothar Zenetti)