Musical "Josef" als Kinderfesttheater 2019

Nach unseren tollen Aufführungen im Sommer gibt es viele Fotos in unserer Bildergalerie. 

Ein Fest für Ohren, Augen und die Herzen 

Wer kennt es nicht, das sehr berührende Leben des hochbegabten Josef aus Kanaan, der von seinen eifersüchtigen Brüdern verkauft wird, in Ägypten Hochs und Tiefs durchlebt und schließlich als Vertreter des Pharao „das Wunder der Versöhnung“ schafft. Bereits niedergeschrieben im Buch Genesis des Alten Testamentes wurde diese letztlich optimistisch endende Geschichte bereits in den Siebzigern im Musical von Andrew Lloyd Webber erfolgreich aufgeführt, wie seit 2017 in der modernen Version vom Verlag Adonia. 

Gestützt auf den großen Erfolg von „Moses“ vor fünf Jahren war es eine gute Idee des Kirchengemeinderates von St. Martin, zum 500jährigen Jubiläum der Pfarrkirche ein weiteres Musical einzustudieren. Dieses zudem beim Kinderfest aufzuführen stieß beim Kinderfest- Ausschuss und der Stadtverwaltung sofort auf offene Ohren. Als musikalischer Leiter sichtete Regionalkantor Franz Günthner dann im Vorfeld „an die 100 Werke, um schließlich drei davon den Chören zur Abstimmung zu geben“. Die Entscheidung für das Bibelmusical „Josef“ war eine gute, konnten so die Regisseurinnen Nicole Waizenegger und Gerlinde Mast das zeitgemäße Stück mit einigen gezielten inhaltlichen Änderungen für die Ansprüche eines Kinderfesttheaters aufarbeiten. 

Nicht nur deshalb kam die ausverkaufte Premiere ( überhaupt die erste Aufführung gestaltet von einer Kirchengemeinde ) am Freitagnachmittag bei Jung und Alt bestens an: Der zahlreiche Szenenapplaus und die Ovationen zum Schluss sind die verdiente Folge einer großartigen Gemeinschaftsleistung des gesamten Produktionsteams mit den gut 50 Kindern und Jugendlichen der Chöre: Seit fast einem Jahr intensiv einstudiert wuchsen die jungen Sänger und couragierten Solisten, Schauspieler, Erzähler und Tänzer über sich hinaus und sorgten so für ein unvergessliches Fest für die Ohren, Augen und Herzen eines anhaltend faszinierten Publikums. Wirksam unterstützt wurden sie dabei von einer professionellen Choreografie (einstudiert von Julia Panzram), ausgesuchten Kostümen, wirkungsvollen Maske und Bühnenbild sowie von einer perfekten Technik. 

Wirk- und einfühlsam begleitet von der Band und den Background-Sängerinnen kamen so die berührenden, kontrastreichen Songs und Spielszenen eindrucksvoll zur Geltung, artikulations- und intonationssicher dargeboten von den durchweg selbstbewusst auftretenden, trefflich besetzten jungen Akteuren. Stellvertretend für sie alle muss Maximilian Heider genannt werden, der mit starker Stimme und Aktion in der Hauptrolle des Josef auch noch ein außergewöhnliches Textvolumen zu bewältigen hatte. 

„Wir wollen die Freude mit Euch teilen, denn Josef hat den Glauben nie verloren“, so Pfarrer Karl Erzberger in seinen Dankesworten. Dass dies gelungen ist, daran besteht kein Zweifel, wie auch unter anderen drei junge Zuschauer nach dem motivierenden Schlusssong „Alles wird wieder gut“ gerne bestätigen: Bündig schlicht brachten die zehnjährige Julia sowie die siebenjährigen Ella und Elias ihr Gefallen wie folgt zum Ausdruck: „Gut, gut, gut“. 

Karl-Heinz Schweigert in der Schwäb. Zeitung vom 22.7.19

 

Josef und seine Brüder

„Josef ist eine Geschichte mit großer Aussage“, sagt Franz Günthner, der musikalische Leiter. Er hat das Musical, das erst vor einem Jahr auf den Markt kam, nicht alleine ausgewählt. „Es gibt eine Fülle an Singspielen, drei standen am Ende zur Auswahl und Josef hat die Abstimmung gewonnen.“ Nein, es handelt sich dabei nicht um den Zimmermann, der als Jesus Vater auch eine Rolle in der Bibel spielt, sondern um einen von Jakobs 12 Söhnen. Und zwar den Jüngsten, der von den Älteren gemobbt wird, weil er stört. Und vor allem, weil er der Liebling des Vaters ist. Zuerst werfen sie ihn in einen Brunnen, wie es im alten Testament im ersten Buch Mose erzählt wird, dann verkaufen sie ihn als Sklaven nach Ägypten. Dass er dort lange im Gefängnis sitzt, bevor er endlich die Gunst des Pharaos auf sich zieht, weil er mit Gottes Hilfe Träume deuten kann, lässt ihn trotzdem nicht verzweifeln. Sein starker Glaube hilft ihm. Am Ende versöhnt er sich sogar wieder mit seiner Familie. „Dieser biblische Kontext, der aber trotzdem aktuell ist, weil es um Themen geht, die uns alle betreffen wie Neid oder Eifersucht, hat uns allen gefallen“, so Günthner, „und die Musik ist mitreißend und unglaublich modern.“ Der biblische Hirtensohn „muss durch sämtliche Höhen und Tiefen des Lebens und der Glaube hilft ihm, die Tiefs auszuhalten.“ Diese religiösen und „grundexistenziellen Aussagen“ seien auch Kindern gut vermittelbar.

Probenarbeit

In den letzten Wochen wurde viel geredet im Team, wurden Texte umgeschrieben, Bühnenbilder geplant, Rollen verteilt und Kostümüberlegungen angestellt. „Die Sternsinger-Gewänder sind leider nicht optimal“, sagt Gabi Hellmann, „die Hauptrollen kriegen zwar den ein oder anderen Umhang aus unserem Fundus, aber für die Masse an Hirtensöhnen und Ägyptern müssen wir an die Nähmaschinen.“ Acht Frauen treffen sich bald regelmäßig zum Zuschneiden, Nähen und Färben. Auch Brigitte Göser vom Orga-Team hat gut zu tun, „allein schon mit Schulbefreiungen, Einverständniserklärungen der Eltern und den Datenschutzerklärungen.“ Etwa 50 bis 60 Kinder sind beteiligt, sie singen in den vier verschiedenen Kinder- und Jugendchören der Gemeinde, auch der ein oder andere Projektsänger wurde dazu geholt. Und vier oder fünf junge Frauen vom Ensemble Vocal. Die Band besteht aus „Leuten vor Ort“, Pastoralreferent Benjamin Sigg zum Beispiel wird am Bass zu hören sein. „Dass wir es geschafft haben, so viele ehrenamtliche Helfer zu finden, zeichnet unsere Gemeinde aus“, weiß Günthner. Woanders, so erzählen es ihm seine Kirchenmusiker-Kollegen, „ist das gar nicht mehr möglich.“ Und er weiß auch, dass es Schulen da leichter haben mit dem Personal. „Wir stemmen alle in diesen Wochen sehr viel“, sagt er, „aber es macht auch Spaß.“ Und alle profitieren von den „Moses“-Erfahrungen vor fünf Jahren. Auch Julia Panzram ist wieder dabei, damals und heute zuständig für Tanz und Choreografie.

Freitagnachmittags ist immer Probe. Die Großen sitzen nach der Chorprobe mit Nicole Waizenegger im Piuszimmer und ändern die Texthefte, die anderen machen unten im großen Saal mit Gerlinde Mast bereits ein Aufwärmspiel und besprechen, wer noch eine Ersatzrolle übernehmen kann. Die beiden haben das Regieamt übernommen, sind seit „Moses“ ein bewährtes Team und guter Dinge. Dass sie ab und zu etwas lauter werden müssen, gehört dazu. „Los Leute, Beeilung, sonst werden wir im Leben nie fertig!“ Die Kinder freuen sich, viele waren schon 2014 dabei. Und das fanden ziemlich viele damals „total cool“.

Christine King in der Leutekirche, Ostern 2019