Rückblick auf das Jahr 2019

Dienstag, 31.12.2019

Silvesterkonzert "Mit Pauken und Trompeten"

Timo Bossler, Trompete, Hans Mohr, Trompete
Marion Hafen, Pauke
Regionalkantor Franz Günthner, Orgel

Otto Schöllhorn in der Schwäbischen Zeitung vom 3.1.2020:
Jahresausklang mit Pauken und Trompeten

Die Kirche St. Martin, die das Jahr über wegen ihres Entstehens vor 500 Jahren schon vielerlei musikalische Huldigungen erfuhr, erlebte am Silvesterabend zusammen mit einer großen Besucherschar einen besonders glanzvollen Abschluss dieser Feierlichkeiten, den Jahresausklang mit Orgel, Pauken und Trompeten.

Timo Bossler (Trompete), Hans Mohr (Trompete), Marion Hafen (Pauke) und Regionalkantor Franz Günthner (Orgel) boten eine mitreißende und exzellent dargebotene Programmvielfalt, die mit ausdrucksstarker Musikalität und abwechslungsreichen Stimmungsbildern überzeugte. Das Programm setzte sich zusammen aus erlesenen Kompositionen der Barockzeit und Spätromantik, die allesamt als Garanten für hohe Festlichkeit stehen.
Schon gleich beim Konzertbeginn mit Georg Friedrich Händels Suite D-Dur aus der „Wassermusik“ konnten die Zuhörer die elektrisierenden Momente erleben, wenn Paukenschlegel auf Paukenfell treffen, bei zeitgleich einsetzendem festlich majestätische Trompeten- und Orgelklang. Weich fließend und tröstlich dagegen wirkte „Er weidet seine Herde“ aus Händels „Messias“, wenn man sich den Text „und heget seine Lämmer so sanft in seinem Arm; er nimmt sie mit Erbarmen auf in seinen Schoß“ vor Augen hält.

Georg Philipp Telemanns Concerto in D-Dur begann wuchtig, Trompetentöne, gespielt von Timo Bossler schraubten sich in höchste Lagen. Im Largo überraschte das Orgelspiel mit facettenreichen Pfeifenklängen und das Vivace endete mit rollenden brausenden Klängen mit Echoeffekten. Der Rahmen aus barocken Werken wurde unterbrochen durch Werke der Spätromantik. Den Auftakt machte Louis Viernes „Carillon de Westminster“ für Orgel. Tiefe Glockentöne, dem Glockenschlägen des Westminster-Glockenspiel nachempfunden, heben sich ab von einem flirrenden Hintergrundspiel. Das Thema wird moduliert, steigert sich zu einem scheinbar brausenden Geläut unzähliger Glocken.
Ruhig und besinnlich wiederum das „Pie Jesu Domine“ aus Gabriel Faurés Requiem. Trompete und Flügelhorn interpretierten ergreifend die wiegenden, archaisch anmutenden Bewegungen des Gesanges. Mit einem der bekanntesten Werke der Orgelmusik, der Toccata F-Dur von Charles-Marie Widor, ging der spätromantische Teil zu Ende. Bravourös meisterte der Organist Franz Günthner die schnellen hohen Sechzehntel im Manual, die den Satz unaufhörlich vorantreiben. Expressiv hüpfende Melodiebögen steigern sich zu einem brausenden Klanggebilde, schwellen ab zum piano, um dann in einem gewaltig ausklingendem Finale zu enden.

Einen leuchtenden strahlenden Schlussteil des Konzertes bildeten drei markante Werke der Barockzeit. Jeremiah Clarkes „Trumpet Voluntary“, bekannt auch unter dem Namen „The Prince of Denmark's March“, festlich erhaben in einem wunderbaren Ineinandergreifen von Orgel, Trompeten und Pauken, gefolgt von Jean-Joseph Mourets „1. Sinfonies de Fanfares“ in einer Bearbeitung für Orgel und Trompete, Sinnbild für glanzvolle, gewaltige Barockmusik.
Als letztes Werk folgte die Sonate B-Dur von Arcangelo Corelli. Bedächtig und langsam schreitend beginnt das Werk und klingt mit beschwingt heiterer Melodie aus, ein geradezu hoffnungsvolles Stimmungsbild für das anstehende Neue Jahr. Mit mächtigem Beifall belohnten die Zuhörer dieses Konzerterlebnis und wurden mit dem 3. Satz aus Mourets „1. Sinfonies de Fanfares“ tröstlich in die Dunkelheit der Nacht des Jahreswechsels entlassen.
 

Sonntag, 27.Oktober 2019, 18 Uhr

Karl Jenkins, "The armed man", A mass for Peace

Ausführende:
Kantorei St. Martin in großer Besetzung
Popchor Vocal Dream (Einstudierung Sonja Ratzinger)
Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben
Solisten: Gertrud Hiemer-Haslach, Sopran,
Michael Nowak, Tenor, Florian Dengler, Bass-Bariton

Gesamtleitung: Regionalkantor Franz Günthner

Bernd Guido Weber in der Schwäbischen Zeitung vom 29.10.2019

Leutkircher „Messe für Frieden“ berührt zutiefst

Das Stück ist eine Herausforderung: Der walisische Komponist Karl Jenkins hat in „The Armed Man – A Mass For Peace“ Texte aus der Antike, dem Alten Testament, des Mittelalters, aus Indien und der frühen Neuzeit miteinander verwoben. Dies in eine Form gegossen, in der mittelalterliche Weisen, Vokalpolyphonie, Gregorianik, Marschmusik und ja, auch etwas Pop, ein stimmiges Ganzes bilden. Effektvolle Kontraste, wahnwitzige Ausbrüche, beklemmende Stille. Orchester, Solisten und Chor haben das beim Jubiläumskonzert „500 Jahre St. Martin“ bravourös gemeistert. Ein Erfolg auch für Dirigent Franz Günthner, den Regionalkantor.

49 Musiker, darunter sechs Percussionisten

Wie viel Probenarbeit vor dem Auftritt in der vollbesetzten Kirche St. Martin geleistet worden ist, kann man nur erahnen. Die Profis der Kammerphilharmonie Bodensee/Oberschwaben treten in starker Besetzung auf, 49 Musiker, darunter sechs Percussionisten. Als Vokalsolisten sind Gertrud Hiemer-Haslach zu hören, der Tenor Michael Nowak sowie Bass-Bariton Florian Dengler. Die Kantorei St. Martin singt in erweiterter Besetzung, verstärkt von Projektsängern. Dazu kommen die jüngeren Stimmen des Popchors „Vocal Dream“ aus dem Biberacher Raum. Der Gesamtchor agiert perfekt, klar, in schönster Geschlossenheit. Der Gesang einzelner Gruppen – Frauen, Männer, helle Stimmen – korrespondiert bestens mit den Gesangsprofis, dem Orchester, den Instrumentalsolisten.

Chorraum und Kirchenschiff sind in wechselnden Farben illuminiert, die Lichtkonzeption stammt von Otto Schöllhorn und Winfried Schindler. Mit Marschgetrappel beginnt das dreizehnsätzige Opus, der Chor stimmt „The Armed Man“ an, ein spätmittelalterliches Soldatenlied aus Frankreich. Im zweiten Satz, „Call to prayers“, meditiert Pastoralreferent Benjamin Sigg zum Frieden der Kulturen. Spirituell das „Kyrie“, eindringlich „Hilf mir gegen die Blutgierigen“ mit Anfangsversen aus Psalm 56 und 59. Beklemmend das „Sanctus“, fast verzweifelt „Der Hochgesang auf den Allerhöchsten ist durch die Wirklichkeit des Weltgeschehens gebrochen“. So steht es im Programmheft, besser kann man es kaum ausdrücken.

 „Angriff“ wird zu einer wüsten Explosion

Die „Hymne vor der Schlacht“ stammt von Rudyard Kipling – er hat den ewigen Bestseller „Das Dschungelbuch“ geschrieben, ist gleichzeitig ein glühender imperialistischer Patriot gewesen. „Charge – Der Angriff“ wird zu einer wüsten Explosion, tonal und atonal, voller Wildheit. Wie kunstfertig der Komponist sich der Texte anderer bedient, sie stimmig zusammensetzt, erfährt man hier exemplarisch. Jenkins verarbeitet Ausschnitte eines Stückes von John Dryden (1687), und einer Schrift von Jonathan Swift (1667 bis 1745), die Horaz zitiert: „Selig ist der, der für sein Vaterland stirbt.“

Von wegen. Todesangst, abertausende Menschen werden zu Fackeln, verbrennen bei lebendigem Leib, so die Schilderung aus dem alten indischen Epos Mahabharata. Wie in Hiroshima. Wie beim Napalmverbrechen in Vietnam. Nur langsam wird der Wunsch nach Frieden lauter. Frieden ist besser. Bis hin zur Vision einer Welt ohne Krieg, leider nach wie vor eine Vision. Vokales Glockenläuten, ein inbrünstiger, Hoffnung gebender Choral. „Läutet ein 1000 Jahre Frieden. Lobt den Herrn!“

 

Samstag, 7. September 2019

5. Orgelmatinee  2019 - Curriculum vitae ridotto (Tedesco)

Donato Cuzzato, Treviso, Italien

 Bernd Guido Weber in der Schwäbischen Zeitung vom 10.9.2019:

"Zum Abschluss ein zirkushaftes Feuerwerk

Donato Cuzzato beendet die „Orgelmatinee zur Marktzeit“ in St. Martin

LEUTKIRCH - Der angekündigte Carlos Paterson aus Spanien hat absagen müssen. Eingesprungen für die „Orgelmatinee zur Marktzeit“ ist kurzfristig Donato Cuzzato aus Treviso, man hat ihn in St. Martin bereits zweimal erlebt. Virtuos, mit zwei selten zu hörenden Orgelwerken von Marco Enrico Bossi und Oreste Ravanello. Höhepunkt ist freilich die Zugabe, eine fast wilde Komposition von Padre Davide de Bergamo. Begeisterung, Applaus im Stehen.
Padre Davide de Bergamo (1791-1863) gilt als Orgelmann des Breitwandsounds. Niemand zuvor hat die Orgel wie ein großes Orchester inszeniert. Damals, vor den Zeiten von Tonkino und 3-D-Klang, sind seine Konzerte Gesprächsstoff, Spektakel gewesen. Schon einmal hat man in St. Martin ein Großwerk des Oberitalieners gehört. Nicolo Sari hat im August letzten Jahres den „Blutigen Sonntag von Mailand“ inszeniert, episch, bombastisch. Die Zugabe am Samstagmorgen ist fröhlich, wild, zirzensisch. Von italienischer Opernfreude bis hin zur exstatischen Drehorgelmelodie.

Der Organist aus dem noch sommerlich warmen Treviso eröffnet mit einem Hauptwerk von Johann Sebastian Bach, Präludium und Fuge e-moll BWV 548. Cuzzato ist ausgewiesener Bach-Spezialist, hat auch ein Faible für jüngere und zeitgenössische Komponisten. Das Präludium majestätisch, leicht mittenbetont, die Fuge rasant, mit flirrenden Sechzehnteln. Farbenreich in kühl-intelligenter Schönheit. Anschaulich wird dies auf der großen Leinwand vor dem Altar, dank behutsamer Kameraführung durch Hans Hellmann und seinen Mitstreitern.
Der „Abendgesang“ von Marco Enrico Bossi kommt zunächst als einfache, ländliche Melodie. Fröhlich, friedlich, weich. Sanfte Stimmung, bis eine Klangexplosion überrascht, die Natur danach entspannt, ruhig wird. Das „Scherzo in sol minore“ von Bossi bietet Attacke, zupackend, fordernd. Kühn, mit lang anhaltenden Akkorden, fast hymnisch. Das Finale mit einer gewissen Schärfe. Bossi - ein Erneuerer der Orgel.
Letzteres gilt auch für den Sizilianer Oreste Ravanello (1971-1938). „Thema und Variationen in h-moll“ reicht vom kindlichen Lullaby über zarteste Dissonanzen bis zur imaginären Folklore. Viel Applaus also für den Organisten aus Treviso. Die gut besuchte Reihe „Orgelmatinee zur Marktzeit“ ist damit für dieses Jahr abgeschlossen. Aber die Musik hört niemals auf. Am Sonntag, 27. Oktober, feiert die „Leutekirche“ ihr 500-Jahr-Jubiläum mit der Friedensmesse „The armed man“."
 

Samstag, 3. August 2019

4. Orgelmatinee 2019 - Fantastisch und virtuos

Prof. Harald Feller, München

Bernd Guido Weber in der Schwäbischen Zeitung vom 5.8.2019:

"Hier spielt ein ganz Großer die Orgel

Die Reihe „Orgelmatinee zur Marktzeit“ in der Kirche St.Martin bietet immer wieder Höhepunkte. Kein Wunder: Hier gastieren auch Organisten, die weltweit Konzerte geben, ausgewiesene Könner sind. So fantastisch wie das knapp einstündige Programm des Münchners Harald Feller ist es dennoch kaum je gewesen. Der Professor, bei dem auch Regionalkantor Franz Günthner studiert hat, ist ein Solitär der Szene. Genial.

Die Kirche ist bestens besucht, die Matinee hat ihre Fans und Freunde. Harald Feller eröffnet mit einer Fantasie von Johann Sebastian Bach, bringt danach drei der „Sechs Stücke in kanonischer Form op. 58“ von Robert Schumann. Selten zu hören, da schwierig. Hier zeigt Feller, wie zart, wie poetisch er intonieren kann. Bis hin zum vorwärtstragenden, bewegten Stück Nr. 5. Das „Adagio für die Flötenuhr“ von Ludwig van Beethoven in eigenem Arrangement erfreut als hübsches Schmankerl.
Für Orgel arrangiert hat Feller ebenso das „Notturno Nr. 3“ von Franz Liszt. Aus der Dunkelheit flirrend, zunächst kein Seelenbalsam für die friedliche Nacht. Um denn doch auf die Nacht einzustimmen, lange verhallend.

Einfach großartig, verblüffend, das eigene Werk des Professors: „Drei gregorianische Paraphrasen“ hat Feller zugrunde gelegt, „Salve regina“, „Puer natus est“ sowie „Dies irae“. Wer jetzt kunstvoll bearbeitete, schlicht-spirituelle Melodiebögen aus alter Zeit erwartet hat, liegt völlig daneben.
Feller kleidet die Motive in ein modernes Orgelfeuerwerk, hochvirtuos, manchmal ziemlich wild. Mit Klangfarben, die so bislang kein Organist aus der Orgel in St. Martin geholt hat. Bemerkenswerte Töne. „Dies irae“, der „Tag des Zorns“ vor dem Jüngsten Gericht, ist ein hochenergetischer Hammer. Finale furioso zur Endzeit. Whow!
Die Mittagsglocken läuten. Aber so kann man eigentlich keine Zuhörerinnen und Zuhörer in den schönen Sommertag entlassen. Feller improvisiert, als Zugabe, in sprühenden Farben. Rauschender Beifall."

 

Samstag, 6. Juli 2019

3. Orgelmatinee 2019 - Rhapsodie Danoise

Franz Hauk, Orgel
Theona Gubba-Chkheidze, Violine

Otto Schöllhorn in der Schwäbischen Zeitung vom 9.7.2019:

"Reizvoller Bogen vom Barock zur zeitgenössischen Musik in St. Martin

Für Leutkircher Freunde der klassischen Musik waren die beiden Interpreten der Orgelmatinee zur Marktzeit am vergangenen Samstag keine Unbekannten. Schon vor drei Jahren haben die renommierten Musiker Franz Hauk an der Orgel und die aus Georgien stammende Violinistin Theona Gubba-Chkheidze in St. Martin ein Konzert geboten.
Im Jahr 2014 haben die beiden das Ensemble „Concerto de Bassus“ gegründet, mit dem sie in ganz Europa unterwegs sind. In Leutkirch spielten sie nun, vom Förderkreis Kirchenmusik organisiert, ein Programm unter dem Motto „Rhapsodie danoise“.

Das Konzert, das die Zuhörerschaft an der Projektionswand mitverfolgen konnte, begann mit barocker Orgelmusik, mit Johann Sebastian Bachs Fantasia für Orgel über „Komm, Heiliger Geist“, einem Stück aus den 18 Leipziger Chorälen. Ein melodiöses Largo mit gluckernder Orgelbegleitung leitete die Sonata c-Moll für Violine und Orgel ein, gefolgt von einem Allegro, das das Zusammenspiel von Orgel und Violine spürbar werden ließ. Mit zwei Werken von Théodore Dubois (1837-1924) knüpfte der Organist an die französische Orgelromantik an. Sein bezauberndes „In paradisum”, bei dem sich zwei Melodien begegnen und begleiten. In „fiat lux“ ließ der Organist, wie der Titel verheißt, aus einer ruhigen Klangstruktur zunehmend brausende und majestätisch Töne hervorquellen. Für Orgel und Violine bearbeitet, folgte nun Jules Massenets (1842-1912) „Meditation“, ein Intermezzo aus der Oper Thaïs. Eine zart romantische Melodie der Violine legte sich über die Orgelbegleitung. Das meisterhafte Zusammenwirken von Orgelton und Streicherklang bewirkte eine Klangwelt von besonderem Reiz.
Nach einer Verschnaufpause, in der das 12-Uhr-Läuten abgewartet wurde, ging es mit der Rhapsodie Danoise für Violine und Orgel des libanesischen Komponisten Naji Hakim (*1955) aus dem Jahr 2019 in die zeitgenössische Musik über. Seine Musik ist von vielen verschiedenen kulturellen Quellen geprägt, darunter dem gregorianischen und lutherischen Choral, dem maronitischen Gesang und Volksliedern. Ungewöhnliche Töne schwirrten durch den Kirchenraum, reibend und kratzend von der Orgel, darüber ein eher melodiöser romantischer Streicherklang."

 

Samstag, 1. Juni 2019

2. Orgelmatinee 2019 - Musica d'Organo Eroica

Ennio Cominetti, Varenna, Italien

Schwäbische Zeitung vom 4.6.2019:

"Leutkirch, San Remo, Mailand

Ennio Cominetti hatte es eilig. Bereits am späten Nachmittag wurde er in San Remo zur Präsentation seines Buches über „Leonardo Da Vinci und die Musik“ erwartet. Und am Tag drauf sollte er bereits wieder an der Orgel in Mailand sitzen. Trotzdem war er extrem entspannt bei der Orgelmatinée in Leutkirch, wo es fast schon ein Heimspiel für ihn war, denn er saß hier bereits zum drittenmal auf der Orgelbank.

„Es ist so ein wundervolles Instrument“, sagt Cominetti, „und das gilt auch für die Organisation.“ Morgens sei er schon fünf Kilometer durch den Wald spaziert – „herrlich“. Herrlich waren dann auch die Klänge, die der italienische Organist unter dem Motto „Heroisches“ zum Besten gab.
Mit den romantischen Miniaturen von Edward Elgar hat er gleich einen perfekten Einstieg gewählt. Leicht, kurz und abwechslungsreich und so registriert, dass die Klangvielfalt des Leutkircher Instruments perfekt zur Geltung kam. Dass man einen Bolero auch auf der Orgel spielen kann, zeigte Cominetti anschließend mit dem Konzertbolero von Louis James Lefébure-Wély. Drehorgelklänge und großer Drive. Beim Zuhören dann verständlich, dass er den Komponisten zuvor als „funny“ beschrieben hatte.

Als Hauptstück der Matinée hatte er César Franck ausgewählt, den großen Orgelkomponisten, der im Jahr 1849 beim Begräbnis von Chopin in Paris spielen durfte. Der a-Moll-Choral, der weniger als Kirchenlied sondern vielmehr als eine Symphonie für Orgel gelten kann, zeigte nicht nur die volle Bandbreite von zurückhaltend bis heroisch, sondern auch die Virtuosität des Organisten. Sphärisches und Machtvolles wechselte sich ab. Äußerst flink hüpften Hände und Füße über Tasten und Pedale.
Apropos virtuos: Mit einer Toccata von Théodore Dubois konnte der Italiener dann auch am Schluss noch glänzen. Gänsehaut pur. Viel Applaus vom Publikum und begeisterte Zustimmung auf die Frage nach einer kleinen Zugabe. Filmmusik von Namensvetter Ennio Morricone gab es. Wenn er gefragt hätte, ob er nächstes Jahr nochmals kommen darf, hätte der Applaus vermutlich ähnlich geklungen."

 

Samstag, 4. Mai 2019

1. Orgelmatinee 2019 - Il Festivo Splendore di Tromba

CONCERTO ROYAL
Hans Jürgen Huber, Trompete
Franz Günthner, Orgel

Bernd Guido Weber in der Schwäbischen Zeitung vom 6.5.2019:

"Hans J. Huber und Franz Günthner eröffnen die „Orgelmatinee zur Marktzeit 2019“

Nach dem ersten diesjährigen Konzert der Reihe „Orgelmatinee zur Marktzeit“ hat es viel Beifall gegeben. Zu Recht: Trompeter Hans Jürgen Huber hat mit seinem Freund, dem Regionalkantor Franz Günthner (Orgel) ein prächtiges Konzert gespielt. Die Zugabe klingt bekannt, sehr bekannt sogar: Es ist das Hauptthema des Preludiums vom Te Deum des Komponisten Marc-Anoine Charpentier. Seit über 60 Jahren als „Eurovisions-Melodie“ in aller Ohren.
Meistertrompeter Huber und Orgelvirtuose Günthner eröffnen festlich, strahlend, mit dem ersten Satz aus dem Concerto G-Dur von Johann Sebastian Bach. Das zweite Stück stammt von Charles Marie Widor, der vor 175 Jahren geboren ist. Ein mächtiges, anschwellendes Werk, mit schönen Läufen, einem opulenten, lang anhaltendem Schlussakkord. Der Organist beeindruckt hier auch mit flinker Fußarbeit, tänzerisch wie Fred Astair. Dies können die zahlreichen Musikfreunde auch optisch nachvollziehen – das Team um Hans Hellmann überträgt wieder mit drei Videokameras auf die große Leinwand im Chorraum.

Bei Bachs Choralbearbeitung „Was Gott tut, ist wohl getan“ übernimmt die Trompete geschmeidig die Melodie. Bei der bekannten Weise „Jesus bleibt meine Freude“, ebenfalls von J.S. Bach, trägt die Trompete ebenfalls das Thema, während Günthner genussvoll filigran aufspielt, mit schönen, zarten Registern.

Eugen Gigout ist wie Widor vor 175 Jahren geboren, Günthner bringt ihm zu Ehren die Toccata. Diese hat der Fanzose aus Nancy durchaus gewagt angelegt, mit repititiven Anklängen. Seiner Zeit weit voraus.

Georg Philip Telemann ist ja auch als fröhlich-unterhaltender Komponist bekannt, eingängig und leuchtend. Beim „Concerto für Trompete und Orgel in B-Dur“ berührt vor allem die „Sicilienne“ innig. Telemanns Konzertsonate D-Dur ist naturgemäß noch strahlender, hier gefallen besonders das Largo mit interessanten Klangfarben der Orgel. Das abschließende Allegro ist ebenso flott wie festlich, bis in die höchsten Höhen. Erfreut das Gemüt, lässt auch das Kopfkino anspringen. Bravo."